Pionierumfrage enthüllt Einstellungen ausländischer Fachkräfte zu Deutschland

Was motiviert Fachkräfte aus dem Ausland, nach Deutschland zu kommen, und welche Erfahrungen machen sie hier? Eine noch nie da gewesene Erhebung unter 30.000 Personen gibt Aufschluss. Deutschland steht vor einer demografischen Herausforderung: Die Gesellschaft altert, und qualifizierte Arbeitskräfte sind Mangelware. Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Bundesregierung aktiv darum, Deutschland als Ziel für ausländische Fachkräfte attraktiver zu gestalten.
Das Webportal „Make it in Germany“ existiert seit über einem Jahrzehnt und bietet Interessenten in mehreren Sprachen Orientierungshilfe für den Weg nach Deutschland.
Umfrage unter 30.000 Fachkräften In einer umfassenden Befragung durch die OECD wurden tausende Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten über das Portal zu ihren Beweggründen, Hoffnungen und Bedenken bezüglich einer Arbeitsaufnahme in Deutschland befragt. Thomas Liebig von der OECD beschreibt die Studie als global einzigartig, da sie Teilnehmer von ihrem ersten Interesse an Deutschland über einen längeren Zeitraum begleitet.
In der Erstbefragung im Sommer/Herbst 2022 nahmen fast 30.000 Menschen teil. Ein halbes Jahr später folgten Antworten von über 10.000 Personen auf weitere Fragen. Eine abschließende Befragung im Herbst/Winter 2023 umfasste rund 6000 Teilnehmer.
Die Mehrheit der Befragten stammt aus der Türkei (13 Prozent), Indien (zehn Prozent) und Kolumbien (neun Prozent), gefolgt von Ländern wie Ägypten, Algerien, Argentinien, Mexiko, den Philippinen und Russland mit jeweils bis zu vier Prozent.
Überwiegend männlich und hochqualifiziert Die Teilnehmenden sind größtenteils männlich (75 Prozent) und hochqualifiziert, mit 75 Prozent, die einen Hochschulabschluss vorweisen können, darunter ein Drittel mit Master oder Doktorat. Die meisten haben Familien und, bemerkenswert, 60 Prozent besitzen zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache, ein Drittel sogar fortgeschrittene Kenntnisse.
Deutschland wird weiterhin als attraktiver Standort für hochqualifizierte internationale Arbeitskräfte gesehen. Allerdings berichten viele von langen Wartezeiten auf Visa, besonders in der Türkei, wo 30 Prozent ihre Erfahrungen mit dem deutschen Einwanderungssystem als negativ bewerten. In Algerien teilt diese Ansicht jeder Fünfte (21 Prozent).
Netzwerke und Empfehlungen als Schlüsselmotivation Die Entscheidung, nach Deutschland zu kommen, wird oft durch Empfehlungen von Freunden, Familie oder Kollegen beeinflusst. Ausschlaggebend sind vor allem die Aussicht auf gute Arbeits- und Karrierechancen, Sicherheit, das Gesundheitssystem, demokratische Werte, das Bildungssystem und Möglichkeiten für Familienangehörige.
Ein kleiner Teil hat den Sprung nach Deutschland geschafft Von allen Befragten haben es in einem Zeitraum von über zwölf Monaten nur fünf Prozent tatsächlich geschafft, nach Deutschland zu kommen. Diese Gruppe zeichnet sich durch gute Netzwerke und Deutschkenntnisse aus.
In Deutschland angekommen, sind nahezu alle (93 Prozent) in Vollzeit beschäftigt, vor allem im Ingenieurwesen und der IT. Etwa die Hälfte verdient mehr als 4000 Euro brutto monatlich, während ein kleinerer Teil unter 2000 Euro liegt.
Die Lebenszufriedenheit in Deutschland ist hoch, mit 59 Prozent der Befragten, die sich als „ziemlich zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ bezeichnen. Positiv werden besonders die Lebensqualität, Kultur und Willkommenskultur bewertet.
Unzufriedenheit besteht jedoch in Bezug auf die Ausländerbehörde und die finanzielle Situation. Ein wesentliches Problem stellen Diskriminierung und Rassismus dar, mit hohen Berichtsraten von Benachteiligung auf dem Wohnungsmarkt und im Alltag.
Um Deutschland für ausländische Fachkräfte weiterhin attraktiv zu halten, empfiehlt die OECD, die personelle Ausstattung von Visastellen und Ausländerbehörden zu verbessern, Sprachförderung auszubauen und entschieden gegen Diskriminierung und Rassismus vorzugehen.